8. Mai 2023

BILDER AUS EISEN

AUSSTELLUNG (Fotos und Text: DRS/Guzy)

Eine Ausstellung im Heinrich-Fries-Haus führt in die Experimentierzeit der Fotografie zurück.

Wie lassen sich Abbilder der Wirklichkeit auf Dauer festhalten? Die Geschichte der Fotografie kennt mehrere Verfahren. Eines davon, entwickelt in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, ist die Cyanotypie. Mit dem auch als Eisenblaudruck bekannten fotografischen Edeldruckverfahren experimentiert Jürgen Häffner schon seit mehreren Jahren.

„Das Interessante daran ist, wie man damit spielen kann“, sagt Häffner, der als Bildungsreferent bei der Katholischen Erwachsenenbildung Stadt- und Landkreis Heilbronn (keb) für Digitalisierung und Medientechnik verantwortlich ist. Wie sich die Cyanotypie gestalterisch einsetzen lässt, präsentiert er nun in der Ausstellung „Das fotografische Auge als emotionale Verlängerung der Kommunikation“ im Heinrich-Fries-Haus.

Mit UV-Licht und Chemie

Für die Schau hat Häffner, der auch als Fotograf arbeitet, auf seine Sammlung an digitalen Bildern zurückgegriffen, die in den vergangenen Jahren auf Reisen oder bei Veranstaltungen entstanden sind. Nicht jedes Foto eigne sich gleich gut, da es kontraststark sein müsse, sagt Häffner.

Das Verfahren der Cyanotypie basiert auf einer chemischen Eisenlösung. Mit der wird saugfähiges Material wie Papier oder Stoff bestrichen. Wenn Häffner ein passendes Foto in seiner digitalen Sammlung gefunden hat, wandelt er es zuerst in ein Schwarz-Weiß-Bild und dann in ein Negativ um und druckt es auf eine Overheadfolie. Die Folie legt er auf das chemisch beschichtete Material und belichtet die Kombination mittels einer Bräunungslampe sechs bis sieben Minuten mit UV-Licht. Die belichteten Teile der Lösung verfärben sich und werden wasserunlöslich, die nicht belichteten können dagegen einfach ausgewaschen werden.

So entstehen die für die Cyanotypie charakteristischen blauen Bilder. Die Einfarbigkeit verleiht ihnen eine fast grafische Anmutung. Die weiß Häffner für seine Bildgestaltung zu nutzen, indem er seine Motive auf einzelne Elemente reduziert. Ein gutes Beispiel dafür ist seine Serie von Vogelflugbildern. Oder Häffner fotografiert bereits grafische Motive, wie Streetart. Cyanotypie lässt aber auch ausdrucksstarke Porträts und atmosphärische Landschaftsbilder entstehen, wenn das zugrunde gelegte Bild stimmt, wie Häffner mit seiner Ausstellung beweist.

Kaffee für die Retrowirkung

Jürgen Häffner
Jürgen Häffner spricht mit Gästen der Vernissage über seine Bilder. Foto: DRS/Guzy

Als „eine spannende Kombination aus analog und digital“, bezeichnete Natalie Scheerle-Walz dessen Arbeitsweise. Die Kunsthistorikerin und Leiterin der beiden Neckarsulmer Museen stellte bei der Vernissage, die Gerhard Knoppek musikalisch umrahmte, den Gästen Häffners Methode und das Prinzip der Cyanotypie vor.

Einzelne Bilder färbt Häffner nachträglich noch in Kaffeesud. Dadurch wechselt das Blau ins Bräunliche. Das verstärkt die Retrowirkung, besonders auf grobkörnigem Papier – auf Haptik achtet Häffner ebenfalls, wie sich die Besucher:innen an einigen extra ausgelegten Drucken mit eigenen Fingern und Händen überzeugen konnten.

Zur Cyanotypie ist Häffner vor einigen Jahren über einen Kurs gekommen, wie er erklärt. Seitdem experimentiert er damit. Der 56-jährige Heilbronner bringt dafür das nötige Wissen mit. Denn bereits Anfang der 1990er Jahre, gleich nach seinem Studium der Feinwerktechnik, wechselte er zur Fotografie. Analoge Schwarz-Weiß-Bilder entwickelte er damals selbst. Die Cyanotypie ist im Vergleich dazu leichter handhabbar. Die Chemie ist unkomplizierter und es braucht keine Dunkelkammer. Daher gibt Häffner heute selbst Cyanotypie-Kurse.

Jürgen Häffner

Jürgen Häffner stellt im Heinrich-Fries-Haus seine mit dem Verfahren der Cyanotypie gefertigten Bilder aus. Foto: DRS/Guzy

Ausstellung von Jürgen Häffner

Besucher:innen der Vernissage entdecken die historische Fotodrucktechnik für sich. Foto: DRS/Guzy

Ausstellung und Kurs

Die Ausstellung „Das fotografische Auge als emotionale Verlängerung der Kommunikation“ im Heinrich-Fries-Haus in Heilbronn, Bahnhofstraße 13, ist bis Freitag, 21. Juli, zu sehen. Die Bilder im Foyer, im sogenannten Raum der Mitte sowie im ersten Stock sind montags bis freitags von 8 Uhr bis 18 Uhr zugänglich.

Wer die Cyanotypie selbst ausprobieren möchte, kann sich für einen Workshop der keb Heilbronn anmelden. Am Freitag, 30. Juni, erstellen Teilnehmer:innen unter Anleitung von Jürgen Häffner eigene Bilder.